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Das Immunsystem

Ratgeber: Immunsystem

Bakterien, Viren und Pilze besiedeln die Umgebung, in der wir leben und manche von ihnen versuchen sich auch im menschlichen Körper anzusiedeln. Täglich ist der Körper also unendlichen Attacken von außen ausgesetzt. Das Immunsystem ist die komplexe, körpereigene Abwehrfront gegen diese Eindringlinge. Mit seinen unterschiedlichen Bestandteilen vollbringt es wahre Meisterleistungen. Erfahren Sie wie das Immunsystem aufgebaut ist, welche Säulen dazu beitragen, dass Erreger unschädlich gemacht werden und was die körpereigene Abwehr schwächen kann.

Die Organe des Immunsystems und ihre Aufgaben

Die Organe des Immunsystems und ihre Aufgaben

Täglich muss sich der Körper gegen eine Vielzahl von Erregern zur Wehr setzen. Bakterien sind in der Lage Krankheiten, wie Harnwegsinfekte, Keuchhusten oder eine Blutvergiftung, auszulösen. Viren sind Auslöser von z.B. Erkältungen oder Grippe, Magen-Darm-Infektionen oder Herpes. Pilzinfektionen machen sich in der Regel oberflächlich bemerkbar, beispielsweise als Fußpilz. Alle diese Erreger haben eines gemeinsam: Sie können dem Körper und der Gesundheit schaden, wenn sie die Gelegenheit haben einzudringen und sich zu vermehren. Damit das nicht passiert besitzt der Körper eine ausgeklügelte Abwehr: das Immunsystem.

Erfahren Sie hier, wie Sie Ihr Immunsystem stärken können.

Bestandteile des Immunsystems

Das Immunsystem baut auf verschiedenen Säulen auf, um eine optimale Abwehr gegen verschiedene Krankheitserreger zu gewährleisten. Diese sind:

  • Äußere physische Barrieren wie z.B. Haut, Schleimhäute, Darmflora
  • Chemische Barrieren wie z.B. Magensäure, Speichel, Vaginalsekret
  • Zelluläre Abwehr durch spezifische Abwehrzellen (Leukozyten, B-Lymphozyten, T-Lymphozyten)
  • Humorale Abwehr durch in Körperflüssigkeiten gelöste Substanzen (z.B. Antikörper)
  • Primäre lymphatische Organe: Knochenmark (hier bilden sich alle Abwehrzellen), Thymus (T-Lymphozyten reifen hier weiter heran)
  • Sekundäre lymphatische Organe: Blinddarm, Milz, Lymphknoten, Mandeln (Tonsillen)

Aufgaben des Immunsystems

Zu den Aufgaben des Immunsystems gehört es Krankheitserreger, Schadstoffe aus der Umwelt und krankhafte Veränderungen (z.B. Zellen, die sich unkontrolliert teilen) aufzuspüren, unschädlich zu machen und in letzter Instanz zu entfernen.

Die Bekämpfung der Krankheitserreger findet sowohl äußerlich auf der Haut als auch im Gewebe und in den Körperflüssigkeiten statt. Dafür stehen zwei eng miteinander verzahnte Systeme zur Verfügung, die angeborene und die erworbene Immunabwehr. Nur wenn alle Komponenten gut aufeinander abgestimmt zusammenarbeiten, ist eine optimale Funktion des Immunsystems möglich.

Angeborenes Immunsystem

Das angeborene Immunsystem steht schon von Geburt an zur Verfügung und reagiert sehr schnell, aber relativ unspezifisch auf die unterschiedlichen Erreger. Daher wird es auch als unspezifisches Immunsystem bezeichnet. 

Zu den natürlichen Schutzmechanismen des angeborenen Immunsystems werden die Haut, Schleimhäute, Tränenflüssigkeit, Urin, Magensäure und Speichel gezählt. Sie bilden den ersten Schutzwall gegen die Gefahr von außen. Unterstützt werden sie von verschiedenen Botenstoffen (z.B. Komplementsystem, Zytokine, Akut-Phase-Proteine), die ausgeschüttet werden, um unter anderem die Eindringlinge chemisch zu schädigen. Eine weitere Säule des angeborenen Immunsystems bilden verschiedene Zellarten, darunter die sogenannten Fresszellen (Makrophagen) und die natürlichen Killerzellen. Beide sind Teil der weißen Blutkörperchen. Die Fresszellen schließen Keime ein (fressen) und „verdauen“ sie, indem sie sie zerlegen. Natürliche Killerzellen sind darauf spezialisiert, veränderte Körperzellen, wie z.B. virusinfizierte Zellen oder Krebszellen, zu erkennen und zu zerstören.

Erworbene Immunität

Das erlernte bzw. erworbene oder auch spezifische Immunsystem entwickelt sich im Laufe des Lebens und wird dann aktiv, wenn die angeborene Immunabwehr den Erreger nicht vernichten konnte. Es unterscheidet sehr präzise zwischen körpereigenen und körperfremden Strukturen und geht bei Bedarf gezielt gegen Krankheitserreger vor. Zu den Abwehrzellen gehören T-Lymphozyten und B-Lymphozyten.

T-Lymphozyten sind besonders für die zelluläre Abwehr verantwortlich und erkennen virusinfizierte Zellen und Tumorzellen und zerstören diese. Darüber hinaus aktivieren sie andere Immunzellen und entwickeln, nach Abwehr einer Infektion, Gedächtniszellen. Dadurch kann bei einer zweiten Infektion deutlich schneller reagiert werden.

B-Lymphozyten werden von den T-Lymphozyten aktiviert. Sie können in kurzer Zeit eine große Anzahl an Antikörpern herstellen und bilden im Anschluss ebenfalls Gedächtniszellen aus.

Antikörper markieren die Krankheitserreger und aktivieren andere Abwehrzellen, die dann ihrerseits bei der Immunantwort helfen. Da sich die spezifische Abwehr immer an die aktuelle Situation anpasst, dazulernt und Gedächtniszellen ausbildet, kann der Körper auch neue oder veränderte Krankheitserreger bekämpfen. Diese Tatsachen machen sich auch Impfungen zu Nutze. 

Der Darm und das Immunsystem

Der Darm und das Immunsystem

Nicht unterschätzt werden darf auch der Darm als wichtiger Teil des Immunsystems. Er leistet deutlich mehr als nur die Nahrung zu verdauen. Drei Elemente bilden eine funktionelle Einheit, die als Darmbarriere bezeichnet wird: Die Darmschleimhaut, das Darmmikrobiom und das Darm-assoziierte lymphatische Gewebe (engl. gut-associated lymphatic tissue, kurz „GALT“). Letzteres befindet sich in der Schleimhaut des Magen-Darm-Trakts und enthält ca. 70% der körpereigenen Immunzellen – so viele, wie sonst nirgendwo im Körper. Das Darmmikrobiom seinerseits besteht aus 100 Billionen unterschiedlicher, gutartiger Bakterien, Viren und Pilze, die sich individuell zusammensetzen und dafür sorgen, dass sich schädliche Erreger nicht so leicht festsetzen können.

Inzwischen weiß man, dass deren individuelle Balance einen großen Einfluss auf die Gesundheit hat. Ein verändertes Mikrobiom wird mit Erkrankungen wie Reizdarmsyndrom, Allergien oder chronischen Magen-Darm-Erkrankungen in Verbindung gebracht. Das Darmmikrobiom beeinflusst zudem erheblich die Reifung und Aufrechterhaltung des Immunsystems. Eine Berliner Forschergruppe hat 2020 erneut bestätigt, dass entscheidende Botenstoffe nicht freigesetzt werden und der Stoffwechsel in bestimmten Zellen des Immunsystems nicht stattfindet, wenn das Mikrobiom nicht effektiv arbeitet.1

Was sind die Ursachen für ein schwaches Immunsystem

Was sind die Ursachen für ein schwaches Immunsystem

Das Immunsystem ist jeden Tag gefordert und in den meisten Fällen auch gut gewappnet, um sich den verschiedenen Erregern stellen zu können. Doch immer wieder kommt es vor, dass das Immunsystem geschwächt ist. Häufige Erkältungen können ein Zeichen für ein schwaches Immunsystem sein. Doch was schwächt das Immunsystem eigentlich?

Antibiotika als Grund für geschwächtes Immunsystem

Der Darm spielt eine wichtige Rolle in der körpereigenen Abwehr. Ein Großteil der Immunzellen befinden sich dort und auch das Mikrobiom, also die Darmflora spielt eine wesentliche Rolle für ein funktionierendes Immunsystem. Ein Ungleichgewicht im Mikrobiom kann daher zu einer verminderten Immunleistung beitragen. 

Ein Grund für ein geschwächtes Mikrobiom kann beispielsweise eine Antibiotika-Therapie sein. Denn Antibiotika wirken nicht nur sehr effektiv gegen krankheitsverursachende Bakterien, sie zerstören leider auch die guten Bakterien im Darmmikrobiom. Es dauert ca. ein halbes Jahr, bis sich der Darm wieder von der Medikamenteneinnahme erholt hat. Einige empfindliche Bakterienarten können auch dauerhaft zerstört werden. Daher kann eine Antibiotika-Einnahme auch das Immunsystem schwächen. 

Die körpereigene Immunabwehr im Alter

Mit dem Alter verändert sich auch die Funktionsfähigkeit des Immunsystems. Zu den Veränderungen gehören etwa die Abnahme der T- und B-Zellen, sowie der bei Infektionen ausgeschütteten Botenstoffen. Ältere Menschen sind daher oft von einem schwachen Immunsystem betroffen. Eine erhöhte Infektanfälligkeit und ein schwererer Infektionsverlauf bei Erkrankungen sind daher typisch. Auch das sonst für Infektionen typische Fieber kann fehlen. 

Geschwächtes Immunsystem bei Krebs und Chemotherapie

Krebszellen sind entartete, also veränderte Körperzellen, die eigentlich von den natürlichen Killerzellen des angeborenen Immunsystems erkannt und zerstört werden sollten. Doch das passiert bei Krebserkrankungen nicht. Warum nicht? Forscher haben herausgefunden, dass Tumorzellen Mechanismen entwickelt haben, um vom Immunsystem unerkannt zu bleiben. Inzwischen konnten erste Therapien, sogenannte Immuntherapien, entwickelt werden, die diese Mechanismen aufheben und Krebszellen für das Immunsystem wieder sichtbar machen.2 Dann kann die körpereigene Abwehr wieder wie gewohnt ablaufen. Doch diese Behandlungsmöglichkeiten sind noch nicht für alle Krebsarten einsetzbar. Nach wie vor gehört die Chemotherapie zu den am häufigsten eingesetzten Waffen gegen Krebs. Die verabreichten Medikamente unterdrücken die Zellteilung, sodass sich die Tumorzellen nicht mehr vermehren können. Allerdings trifft das auch auf die Abwehrzellen des Immunsystems zu. Daher wird das Immunsystem geschwächt.

Um das Risiko einer Infektion zu senken, sollten genaue Hygienevorschriften eingehalten werden. Dazu gehört beispielsweise das Vermeiden von großen Menschenansammlungen oder ein Besuch von erkrankten Familienmitgliedern. 

Darüber hinaus sollte das Immunsystem genauso gestärkt werden, wie es bei gesunden Menschen empfehlenswert ist – mit einer ausgewogenen Ernährung, regelmäßiger Bewegung, ausreichend Schlaf und Möglichkeiten der Entspannung.

Autoimmunerkrankungen

Körpereigene Zellen verfügen über Oberflächenstrukturen, die in gewissen Fällen auch von den eigenen Immunzellen erkannt werden können. Dieses überaktive, also „zu starke“ Immunsystem stuft diese Zellen dann fälschlicherweise als Krankheitserreger ein und der Abwehrmechanismus startet. In diesem Fall spricht man von einer Autoimmunreaktion. Weltweit sind ca. 5 - 8% der Bevölkerung von 
einer überschießenden Immunantwort betroffen. Zu den häufigsten der ungefähr 100 verschiedenen Autoimmunerkrankungen zählen u.a. Multiple Sklerose, Diabetes mellitus Typ 1, Rheumatoide Arthritis, Hashimoto Thyreoiditis sowie entzündliche Darmerkrankungen.

Reagiert das Immunsystem über, wird gesundes Gewebe angegriffen. Haut, Knochen, Organe oder Nervenzellen sind dann permanent entzündet. Die Ursachen für das Auftreten von Autoimmunerkrankungen sind sehr komplex. Aufgrund von Stress, Viren, Bakterien, Umwelteinflüssen oder besonderen Situationen wie einer Schwangerschaft, ist das immunologische Gleichgewicht gestört. Unspezifische Symptome wie Schmerzen, Fieber oder Durchfall sind zu Beginn der Erkrankung dann die Folge. Diagnostiziert wird eine Autoimmunerkrankung anhand von unterschiedlichen Blut- und Gewebeuntersuchungen, dem Autoantikörper-Screening.

Die Behandlung zielt darauf ab, das Gleichgewicht im Immunsystem wieder herzustellen. Das ist allerdings gar nicht so einfach. Einen Schwerpunkt der Therapie bilden in der Regel Medikamente, die auf das Immunsystem wirken, sogenannte Immunsuppressiva. Diese unterdrücken jedoch die Arbeit des gesamten Immunsystems, sodass die Betroffenen dann u.a. anfälliger sind für Infektionen. Auf diesem Gebiet wird aktuell intensiv geforscht, um die Behandlungsoptionen zu erweitern und eine noch gezieltere und verträgliche Therapie zu entwickeln.

Häufige Autoimmunerkrankungen auf einen Blick:

  • Multiple Sklerose
  • Diabetes mellitus Typ 1
  • Morbus Crohn
  • Colitis ulcerosa
  • Zöliakie
  • Hashimoto Thyreoiditis
  • Rheumatoide Arthritis

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Quellen:

  1. Schaupp L. et al.; Microbiota-Induced Type I Interferons Instruct a Poised Basal State of Dendritic Cells; Cell 2020; 181(5):1080-1096.e19
  2. Immunsystem und Krebs; Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ); https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/grundlagen/immunsystem.php; abgerufen am 18.12.2023
  3. Dimitrov S. et al.; Gαs-coupled receptor signaling and sleep regulate integrin activation of human antigen-specific T cells; Journal of Experimental Medicine 2019; 216(3):517-526.
  4. Herr N. et al.; The Effects of Serotonin in Immune Cells; Frontiers in Cardiovascular Medicine 2017; 4
  5. Lungenkrankheiten: Rauchen lässt Immunsystem überreagieren - Spektrum der Wissenschaft; https://www.spektrum.de/news/rauchen-laesst-immunsystem-ueberreagieren/963013; abgerufen am 18.12.2023
  6. Gesundheit: Alkohol belastet schnell das Immunsystem - Spektrum der Wissenschaft; https://www.spektrum.de/news/alkohol-belastet-schnell-das-immunsystem/1326580; abgerufen am 18.12.2023
  7. Vollwertig essen und trinken nach den 10 Regeln der DGE; Deutsche Gesellschaft für Ernährung; https://www.dge.de/gesunde-ernaehrung/dge-ernaehrungsempfehlungen/10-regeln/; abgerufen am 18.12.2023
  8. Statistics | Eurostat; https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/HLTH_EHIS_FV3E__custom_1588514/default/table?lang=en; abgerufen am 18.12.2023